Portugal
Portugal (amtl. República Portuguesa) ist ein europäischer Staat im Südwesten der iberischen Halbinsel. Im Westen und Süden wird es vom Atlantischen Ozean, im Osten und Norden von Spanien begrenzt. Zum portugiesischen Staatsgebiet gehören die Inseln der Azoren und Madeira (mit Porto Santo). Westlich der Hauptstadt Lissabon liegt Cabo da Roca, der westlichste Punkt des europäischen Festlandes.
Der Name Portugal entstammt dem Namen der Siedlung Cale im Delta des Flusses Rio Douro. Cale könnte ein griechisches Wort sein (Kalles = schön) und sich auf die Schönheit der Natur im Norden des heutigen Portugal beziehen, das die Griechen in der Antike kolonisierten. Andere Historiker meinen, dass Cale phönizischen Ursprungs ist, da die Phönizier Portugal schon vor den Griechen besiedelten. Als das heutige Portugal zum Römischen Imperium gehörte, wurde Cale ein wichtiger Hafen, auf Lateinisch Portus Cale. Im Mittelalter wurde Portus Cale zu Portucale, später Portugale, wobei dieses Wort im 7. und 8. Jahrhundert nur die nördlichen Teile des Landes bezeichnete, also die Region zwischen den Flüssen Rio Douro und Rio Minho. Andererseits verkürzte sich der Name Portus Cale zu Porto, der zweitwichtigsten Stadt, die sich deshalb voller Stolz als Namensgeber des Landes bezeichnet.
Geografie
Der Norden Portugals hat ein relativ kühles und feuchtes Klima und besteht aus zwei traditionellen Provinzen oder Landschaften: Der Minho im Nordwesten gehört zu den am dichtesten besiedelten Gegenden des Landes. Die größten Städte des Minho sind Braga und Viana do Castelo. Der Minho wird wegen seines Klimas und der vergleichsweise üppigen Vegetation als der grüne Garten Portugals bezeichnet. Auf den Hängen der zahlreichen Flusstäler wird vor allem Wein angepflanzt, die zum berühmten Portwein und dem Vinho Verde weiterverarbeitet werden. Daneben gedeihen viele Gemüsesorten. Die natürliche Vegetation ist eine Mischung aus der Flora der gemäßigten Klimazone und der subtropischen Flora, je nach Höhenlage gibt es Eichen oder Kastanien bzw. Pinien und Olivenbäume.
Im Nordosten liegt Trás-os-Montes (Hinter den Bergen). Dies ist die dem Meer abgewandte Seite Nordportugals, die sehr gebirgig ist und deshalb sehr kalte Winter und sehr heiße Sommer hat. Die Vegetation ist bedeutend weniger üppig als im Minho und sie fällt umso spärlicher aus, je mehr man sich der Grenze zu Spanien nähert. Beiden Provinzen ist gemein, dass ihre Gebirgsmassive, wie z. B. Marão oder Peneda-Gerês von zahlreichen Flüssen, wie der Rio Minho (Grenzfluss zu Spanien) oder der Rio Douro, durchschnitten werden. Im Norden Portugals liegt der Nationalpark Peneda-Gerês, das bedeutendste Schutzgebiet des Landes. Dort existieren noch Restbestände naturbelassener Wälder, in denen sich insbesondere die immergrüne Steineiche findet. Bedeutende Städte des Nordens sind Porto, Vila Nova de Gaia, Matosinhos, Braga, Vila Real und Bragança.
Mittelportugal ist größtenteils hügelig bis gebirgig und hat mit der Serra da Estrela ein bedeutendes Gebirge mit Skigebiet. Die wichtigsten Landschaften sind die Beira, der Ribatejo (die Tejo-Ebene mit Beinamen Garten Lissabons), die Estremadura sowie die Mündung des Tejo in den Atlantik. Die gesamte Region ist sehr fruchtbar und hat ein für den Weinanbau optimales Klima, so dass die Tradition des Weinbaus hier bis zu den Römern zurückreicht. Daneben werden Getreide, Reis, Sonnenblumen und Gemüse angebaut. Die Region wird durch den Tejo zweigeteilt. Überschwemmungen, die früher den Ribatejo regelmäßig heimsuchten, kommen seit dem Bau zahlreicher Staudämme nicht mehr vor. Die wichtigsten Städte Mittelportugals sind Lissabon, Aveiro, Sintra, Coimbra, Viseu, Leiria, Castelo Branco sowie Santarém.
Typische Landschaft des Alentejo bei Monsaraz
Der Süden Portugals setzt sich aus den drei Landschaften Terras do Sado, Alentejo und Algarve zusammen. Die Oberfläche der gesamten Region ist eben bis hügelig und hat ein trockenes und heißes Klima. Der Alentejo, die frühere Kornkammer Portugals, ist heute nur dünn besiedelt und von Abwanderung gekennzeichnet, weitläufige Getreidefelder mit Olivenhainen und Korkeichen dominieren die Landschaft. Zum Getreide kommen Weinanbau und in zunehmenden Maße auch Sonnenblumen als Hauptprodukte. Die Wiesen sind im Frühling mit Blumen übersät, die als Weiden für Schafe dienen. Zum wirtschaftlichen Niedergang tragen nicht zuletzt auch immer länger werdende Trockenperioden bei, denen man mit dem Bau von Staudämmen zu begegnen versucht. Nicht einheimisch, aber immer häufiger anzutreffen, sind Pflanzungen von Eukalyptus, die allerdings wegen der hohen Brandgefahr, die von diesen Bäumen ausgeht, nicht unumstritten sind. Die südlichen Küstenregionen sind dazu häufig von Kiefernwäldern bewachsen. Daneben finden sich zahlreiche Palmenarten, von denen aber nur die Zwergpalme einheimisch ist.
Die Algarve markiert die gesamte Südküste des Landes und ist mit ihren hübschen Städten, den Steilküsten und Sandstränden zu einem beliebten Feriendomizil geworden, was die üblichen negativen Begleiterscheinungen des Massentourismus mit sich gebracht hat. Die größten Städte Südportugals sind Portalegre, Évora, Beja sowie Faro und Lagos. Der wichtigste Fluss ist der Rio Guadiana, der zweimal auf längeren Strecken auch die Grenze zu Spanien markiert. An die große sommerliche Hitze angepasst sind zahlreiche sukkulente Pflanzen.
Zu Portugal gehören weiterhin die beiden Inselgruppen Madeira (Holzinsel) und Azoren (Habichtsinsel) im Atlantik; sie sind vulkanischen Ursprungs. Die Inselgruppe Madeira hat aufgrund ihrer Lage vor der afrikanischen Küste eine teils tropische, teils subtropische Vegetation. Der höchste Berg Portugals befindet sich auf den Azoren (Monte Pico, 2.351 m).
Der wichtigste Fluss Portugals ist der Tejo, welcher in Spanien unter dem Namen Tajo entspringt und bei Lissabon in den Atlantischen Ozean mündet.
Siehe auch: Liste der Städte in Portugal
Die Tierwelt Portugals unterscheidet sich nur unwesentlich von der Spaniens. Vereinzelt leben hier noch Wölfe; der nur auf der iberischen Halbinsel verbreitete Pardelluchs ist dagegen in Portugal nahezu ausgestorben, nur noch selten werden Einzeltiere angetroffen, die vermutlich über die Grenze mit Spanien eingewandert sind. Ansonsten finden sich Wildkatzen, Füchse, Wildschweine, Hirsche, wilde Ziegen sowie Wildkaninchen. Da Portugal auf der Zugvogelroute nach Afrika liegt, lassen sich zahlreiche Vögel beobachten, darunter insbesondere im Süden auch Flamingos; Steinadler leben und jagen in den Küstengebieten. Im Landesinneren kommen auch verschiedene Schlangen und Skorpione vor.
Bevölkerung
siehe auch: Portugiesen
Portugal ist, jedenfalls bezogen auf die alteingesessene Bevölkerung, in sprachlicher, ethnischer und religiöser Hinsicht ein sehr homogenes Land. Die portugiesische Sprache wird im ganzen Land gesprochen, und nur in den Dörfern von Miranda do Douro wird ein dem Asturischen zugeordneter Dialekt (Mirandes) gesprochen, der als Minderheitensprache anerkannt wird. Die große Mehrheit der Portugiesen bekennt sich zum römisch-katholischen Glauben.
Ausländer in Portugal mit ihren Herkunftsländern. Alle portugiesischsprachigen Länder sind in grünen Farbtönen gehalten.
Datenquelle: INE
Für lange Zeit war Portugal ein Auswanderungsland; wichtige Zentren der portugiesischen Kultur gibt es vor allem in Frankreich, wo allein 600.000 Portugiesen leben, aber auch in vielen anderen Staaten. Andererseits war Portugal schon während der Unabhängigkeitskriege seiner Kolonien Zielland für Einwanderer aus den kolonisierten Regionen. Seit dem Beitritt Portugals zur Europäischen Union und dem damit verbundenen politischen und wirtschaftlichen Wandel ist Portugal verstärkt zu einem Einwanderungsland geworden, wobei die Herkunftsländer der Zuwanderer vor allem in Afrika (Angola, Kap Verde), Südamerika (Brasilien) sowie Osteuropa (Russland, Ukraine, Moldawien) liegen.
Ende 2003 lebten etwa 250.000 ausländische Staatsangehörige in Portugal. Diese stammen zu mehr als der Hälfte aus anderen portugiesischsprachigen Ländern, sind meist katholischen Glaubens und haben auch einen ähnlichen kulturellen Hintergrund. Etwa ein Viertel der Ausländer, die in Portugal leben, sind Europäer - teils sind sie Dauerurlauber, die in Portugal ihre Pension verbringen. Ein gewichtiger Anteil sind auch Rückkehrer, also Portugiesen, die aus Portugal ausgewandert waren und mit fremder Staatsbürgerschaft zurückgekehrt sind. Somit kennt Portugal das Phänomen, Zuwanderer mit komplett unterschiedlicher Sprache und Kultur integrieren zu müssen, wie beispielsweise Deutschland, nicht. Auf zehn Portugiesen kommt statistisch gesehen ein Bürger nicht-portugiesischer Herkunft (viele davon mittlerweile mit portugiesischem Pass).
Die ausländische Bevölkerung lebt zu mehr als der Hälfte in Lissabon, davon abgesehen konzentriert sie sich auf die Stadtgebiete an der Küste. Im Hinterland liegt der Anteil bei unter 0,5 %.
Die dichteste Besiedelung weist ein Küstenstreifen von der spanischen Grenze im Norden bis in die Gegend um Lissabon auf. Während in diesem Streifen 70 % der Bevölkerung leben, sind das Hinterland und der Süden Portugals sehr dünn besiedelt. Mehr als 10 % der Bevölkerung entfällt auf zwei Städte (Lissabon und Porto), während mehr als die Hälfte in Orten unter 2.000 Einwohnern lebt. Der Trend geht in Portugal in Richtung Verstädterung.
Innerhalb Portugals gibt es starke Migrationsbewegungen, wobei die Wanderungsbewegungen aus den Regionen des Hinterlandes in Richtung der Zentren von Industrie (Lissabon, Porto) und Tourismus (Algarve, Madeira und Azoren) gehen.
Religion
Etwa 97 % der Portugiesen sind römisch-katholischen Glaubens, wobei in Portugal jedoch Glaubensfreiheit herrscht. Der Wallfahrtsort Fátima liegt in Portugal und ist der Mutter Jesu, Maria, gewidmet. Maria wird von den Portugiesen sehr verehrt, was für manche ein Hinweis darauf ist, dass die Vorfahren der Portugiesen vor der Christianisierung vorrangig weibliche Gottheiten anbeteten.
Geschichte
Hauptartikel: Geschichte Portugals
Frühgeschichte bis Antike
Die römische Provinz Lusitania im Südwesten der iberischen Halbinsel
Die Vor-und Frühgeschichte des Landes entspricht weitgehend der Entwicklung in den anderen Regionen der iberischen Halbinsel. Ab 2000 v. Chr. wandern die Iberer wahrscheinlich aus Nordafrika ein. Ab 1200 v. Chr. werden von den Phöniziern Kolonien gegründet. Ab 600 v. Chr. wandern Kelten ein, die sich mit den Iberern vermischen (sog. Keltiberer). Zu diesen gehört auch der Stamm der Lusitaner, (Viriato) der im Lateinischen namensgebend für das Land werden soll.
Ab 450 v. Chr. wird das Gebiet von Karthago erobert und im Ergebnis des Zweiten Punischen Krieges an Rom abgetreten. Von den Römern wird es unter dem Namen Lusitania (Portugal) zum Teil als eigenständige Provinz verwaltet. Die römische Herrschaft endet in der Völkerwanderungszeit, Sueben (ab 409) und vor allem Westgoten (ab 416) gründen ihre Reiche auf dem Gebiet des späteren Portugals.
Maurische Herrschaft bis Kolonialmacht Portugal
Im Jahre 711 erobern die Mauren das Land, Portugal wird Teil des Kalifats von Córdoba, Herrschaft der Almoraviden. Von Asturien aus nimmt der Gotenherzog Pelagius (Don Pelayo) im Jahre 722 die christliche Reconquista auf, die Mauren werden bis 1492 sukzessive von der iberischen Halbinsel vertrieben. Portugal wird als eigenständige Grafschaft bereits im 11. Jahrhundert gegründet („Condado Portucalense“, Grafschaft von Portucale); diese fällt 1093 an Heinrich von Burgund, den Stammvater der ersten portugiesischen Königsdynastie.
Unter Heinrichs Sohn und Nachfolger Alfons I. erlangt das Land 1143 seine Unabhängigkeit, Alfons nimmt den Königstitel an. Die Burgunder herrschen bis 1383 in Portugal, 1211 wird das erste Ständeparlament (Cortes) einberufen, 1250 ist die Reconquista in Portugal mit der Eroberung der Algarve abgeschlossen, 1256 wird die Hauptstadt nach Lissabon verlegt.
Die Festung von
Guimarães, das Hauptsymbol für Portugals Unabhängigkeit. (Quelle:
IPPAR)
1383 stirbt das Haus Burgund in Portugal aus, ein nichtehelicher Abkömmling, Johann von Avis ruft sich zum König aus, kann kastilische Ansprüche auf den portugiesischen Thron in der Schlacht von Aljubarrota (1385) abwehren und gründet die zweite portugiesische Dynastie, das Haus Avis. Die Avis-Könige (besonders unter Emanuel I. - er herrschte von 1495 bis 1521) führten das Land zu höchster Blüte, Portugal steigt zur führenden Handels- und Seemacht auf, erwirbt Kolonien in Brasilien, Afrika, Arabien, Indien und China, das Land ist Weltmacht und reichste Nation Europas (siehe auch Heinrich der Seefahrer; * 1394; † 1460). Auch kulturell kommt es zu einer Blütezeit (Luís de Camões).
1580 stirbt das Haus Avis aus, Portugal fällt aus dynastischen Gründen an die Habsburgerherrscher Spaniens. Bis 1640 herrschen die Spanier, Portugal verliert seine Unabhängigkeit, sinkt zur spanischen Provinz herab, verliert Teile seines Kolonialreiches. 1640 führt der Herzog von Braganza eine Adelsrevolte gegen die spanische Herrschaft an und ruft sich als Johann IV. zum König aus. Er gründet die vorletzte portugiesische Dynastie, das Haus Braganza. Außen- und wirtschaftspolitisch gerät das Land in immer größere Abhängigkeit von England (Methuenvertrag, 1703). 1755 vernichtet ein Erdbeben große Teile der Hauptstadt Lissabon, der Marquês de Pombal baut die Stadt wieder auf und formt das Land mit zum Teil drastischen Methoden zu einem aufgeklärt absolutistischen Staat um. 1807 besetzen napoleonische Truppen das Land, die königliche Familie flieht nach Brasilien. Nachdem die Franzosen mit britischer Hilfe vertrieben wurden, kommt es zur liberalen Revolution, das Land erhält zum ersten Mal in seiner Geschichte eine Verfassung (1821). Der sich anschließende Kampf zwischen Anhängern des Absolutismus und Befürwortern einer konstitutionellen Monarchie wird erst durch den Sieg der letzteren im Miguelistenkrieg entschieden. Am 7. September 1822 erlangt Brasilien unter Kaiser Pedro I. seine Unabhängigkeit.
Endphase der Monarchie bis Estado Novo
Die Zeit nach Ende des Miguelistenkrieges wird von der Auseinandersetzung zwischen Rechts- und Linksliberalen (Cartisten und Setembristen) geprägt. 1853 stirbt mit Königin Maria II. das Haus Braganza in direkter Linie aus, über die Ehe der Königin mit Ferdinand II. von Sachsen-Coburg und Gotha übernimmt der portugiesische Zweig dieses deutschen Adelshauses den Thron (bis 1910). Die Endphase der Monarchie ist durch eine allgemeine Schwäche des Landes, wirtschaftliche Probleme (Staatsbankrott 1891) und zunehmende republikanische Aufstände geprägt. 1908 werden der König Karl I. und der Thronfolger bei einem Attentat getötet, 1910 wird die Republik ausgerufen.
Im März 1916 tritt das Land auf Seiten der Entente in den Ersten Weltkrieg ein. Portugal mobilisiert bis zu 100.000 Soldaten, von denen ca. 7.000 bis zum Ende des Krieges fallen. Die sog. erste Republik (bis 1926) ist durch anarchisch chaotische Zustände gezeichnet, monarchistische und kommunistische Aufstände, Putschversuche (u. a. des Sidónio Pais, 1917), schwache, häufig wechselnde Regierungen ohne parlamentarische Mehrheit und eine allgemeine politische Instabilität kennzeichnen die Situation.
1926 putscht das Militär und beendet die erste Republik. Unter den Militärs steigt ein Zivilist, António de Oliveira Salazar, ab 1928 Finanzminister, ab 1932 Ministerpräsident, zu höchster Macht auf. Er gründet ab 1933 den „Estado Novo“, den neuen Staat, ein autoritäres Gebilde mit faschistischen Tendenzen, komplett mit Einheitspartei (Nationale Union), Staatsjugend und Geheimpolizei (PIDE). Im Zweiten Weltkrieg bleibt das Land neutral, erlaubt aber den Alliierten die Einrichtung von Militärbasen auf den Azoren und tritt nach Ende des Krieges der NATO bei. Ab 1960 beginnt der Kolonialkrieg, der besonders in Afrika (Angola, Mosambik, Guinea-Bissau) mit großer Härte geführt wird. 1968 muss Salazar wegen gesundheitlicher Probleme zurücktreten, sein Nachfolger, Marcello Caetano, kann sich nicht zu grundlegenden Reformen entschließen. Durch den Kolonialkrieg ist Portugal außenpolitisch zunehmend isoliert, die Kosten des Krieges führen zu steigender Staatsverschuldung und Inflation. Führende Militärs erkennen, dass der Kolonialkrieg militärisch für Portugal nicht zu gewinnen ist; wegen der Unfähigkeit der Regierung, eine politische Lösung des Problems zu finden, putschen sie schließlich 1974. Eine allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Diktatur, durch die einsetzende Wirtschaftskrise (hervorgerufen durch die erste Ölkrise 1973) noch verstärkt, führt dazu, dass sich die Bevölkerung massenhaft mit den putschenden Offizieren solidiarisiert, es kommt zu einer allgemeinen Volkserhebung, der Nelkenrevolution, die den Estado Novo beendet. Die neuen Machthaber entlassen die portugiesischen Kolonien, bis auf Macau, in die Unabhängigkeit (1974/1975).
Nelkenrevolution bis EU-Beitritt
Panoramablick von Vila Nova de Gaia (Vordergrund) auf den alten Hafen und die Innenstadt von
Porto, Namensgeber von Portugal. Rechts im Bild die Ponte Dom Luis I
Die erste Phase nach der Revolution ist geprägt von der Auseinandersetzung zwischen einer eher konservativen Strömung (General Spínola) und einem sozialistischen Flügel (Hauptmann Otelo), innerhalb des MFA (Movimento das Forças Armadas - Bewegung der Streitkräfte), der Vereinigung der putschenden Offizieren. Zunächst sah es so aus, als wenn die sozialistische Strömung obsiegen würde, es kam zu Verstaatlichungen und Landreform, die neue Verfassung von 1976 definiert den Übergang zum Sozialismus als Staatsziel.
Als sich bei den ersten Präsidentschaftswahlen nach der neuen Verfassung 1976 der gemäßigtere General Eanes überraschend deutlich gegen Hauptmann Otelo durchsetzen kann, sind die Weichen für eine Rückkehr des Landes zu einer parlamentarischen Demokratie westeuropäischen Zuschnitts gestellt. Eanes und der Vorsitzende der Sozialistischen Partei Mário Soares (Regierungschef von 1976 bis 1978 und 1983 bis 1985, Staatspräsident von 1986 bis 1996) führen das Land schließlich in die Europäische Gemeinschaft (Beitritt 1986).
Vom EU-Beitritt bis heute
1979 gewann zum ersten Mal seit der Nelkenrevolution wieder eine politische Gruppierung, die rechts von der Mitte stand, die Parlamentswahlen (Regierungen Francisco de Sá Carneiro und Francisco Pinto Balsemão), die Regierung kann sich mit der sozialistischen Opposition auf eine Verfassungsänderung einigen, durch die sozialistische Überreste, die nach der Nelkenrevolution in die Verfassung geschrieben wurden, entfernt werden. Die 1982 in Kraft getretene Verfassungsänderung eliminierte unter anderem den bis dahin bedeutenden Revolutionsrat und schuf ein Verfassungsgericht nach dem Vorbild anderer demokratischer Staaten. 1985 wird Aníbal Cavaco Silva Ministerpräsident, seiner konservativen Partido Social Democrata (PSD) gelingt bei den Wahlen 1987 ein Erdrutschsieg, bei dem eine Partei zum ersten Mal eine absolute Mehrheit erringen kann. Cavaco Silva bleibt bis 1995 Ministerpräsident, wobei er eine neoliberale Wirtschaftspolitik führt und die Verstaatlichungen aus der Zeit der Nelkenrevolution zurücknimmt. Von 1995 bis 2002 stellen die Sozialisten mit António Guterres wieder die Regierung.
Bei den Parlamentswahlen vom 17. März 2002 kommt es zu einem neuerlichen Rechtsrutsch. Bei einer Wahlbeteiligung von 62,3 % erreicht die konservative PSD unter José Manuel Durão Barroso eine relative Stimmenmehrheit von 40,1 %, gefolgt von der sozialistischen Partido Socialista und der rechtskonservativen Volkspartei Partido Popular (PP) mit 37,9 bzw. 8,8 %. Mit letzterer bildet Barroso eine Koalitionsregierung, wobei der populistische Vorsitzende der PP, Paulo Portas, das Amt des Verteidigungsministers übernimmt und auch die Bereiche Justiz sowie Arbeit und Soziales an die PP gehen. Die Sozialisten stellen allerdings ununterbrochen den Präsidenten des Landes, da Nachfolger von Soares 1996 der Sozialist Jorge Sampaio wird.
Im Jahr 2004 wird Barroso vom Europäischen Rat zum Nachfolger von Romano Prodi als Präsident der Kommission der Europäischen Union nominiert. Sein Nachfolger als Ministerpräsident wird Pedro Santana Lopes, der aber nur kurze Zeit regieren kann, da der Präsident bereits im November das Parlament vorzeitig auflöst und für Februar 2005 Neuwahlen ausschreibt, bei der die Partido Socialista zum ersten Mal in der Geschichte eine absolute Mehrheit erringt. Ihr Spitzenkandidat José Sócrates ist seit 12. März 2005 neuer Ministerpräsident.
Am 22. Januar 2006 wählten ca. 8,8 Millionen Portugiesen einen neuen Präsidenten. Der bisherige Präsident, der Sozialist Jorge Sampaio, durfte sich nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl stellen. Gegen 5 Kandidaten der Linken setzt sich bereits im ersten Wahlgang der Mitte-Rechts-Kandidat und frühere Regierungschef Aníbal Cavaco Silva (PSD) mit einer absoluten Mehrheit von 50,6 % bei einer Wahlbeteiligung von 62,6 % durch. Er wird von einem Bündnis aus PSD und PP-CDS unterstützt. Der als Architekt des portugiesischen Wirtschaftsaufschwungs in den Jahren 1985 bis 1995 geltende 66-jährige Wirtschaftsprofessor wird damit der erste bürgerliche Präsident in Portugal seit der Nelkenrevolution von 1974. Er wird am 9. März 2006 für 5 Jahre in sein Amt eingeführt.
Mit 20,7 % erreichte der gegen den Willen seiner Parteiführung angetretene 69-jährige Vize-Präsident der Nationalversammlung, Manuel Alegre (PS) den zweiten Platz und lag damit noch vor dem „offiziellen“ Kandidaten der Sozialistischen Partei (PS), dem früheren sozialistischen Staatschef Mário Soares mit 14,34%.
Die weiteren Plätze belegen mit 8,6 % der Generalsekretär der Kommunistischen Partei (PCP) Jerónimo de Sousa, gefolgt von Francisco Louçã, Bloco de Esquerda, mit 5,3 % sowie dem von PCTP/MRPP unterstützten linken Splitterkandidaten García Pereira mit 0,4 %.
Politik
Politisches System
Seit der Nelkenrevolution des Jahres 1974 hat Portugal sich zu einer stabilen parlamentarischen Repub